Am letzten Sonntag war es für mich ein besonderer Moment: 16 Jahre nach meinem ersten Frauenfelder Halbmarathon stand ich wieder am Start – und der Kreis hat sich für mich geschlossen.
Es war 2008, im Alter von 18 Jahren, als ich mich entschied, meinen allerersten Halbmarathon zu laufen. Meine Motivation war, meine Maturaarbeit zu schreiben, die sich mit der Frage beschäftigte, wie man sich auf einen Halbmarathon vorbereitet. Der Titel lautete „Wege zum Halbmarathon: Trainingslehre und praktische Anwendung“. Ich war damals noch keine Läuferin, aber neugierig und entschlossen, dieses Projekt umzusetzen.
Damals hatte ich keine konkreten Erwartungen an meine Zeit, aber nach 1:45:36 Stunden über die 21,1 Kilometer war ich überrascht, wie gut es gelaufen war. Mit einer Pace von etwa 5:00 Minuten pro Kilometer war ich schneller als erwartet – und das als Anfängerin. Dieser erste Halbmarathon weckte in mir eine Leidenschaft für das Laufen, die mich in den folgenden Jahren begleitete.
Im Laufe der Zeit nahm ich an insgesamt sechs Frauenfelder Halbmarathons teil, und jedes Mal war es ein neues Erlebnis. Besonders die Jahre 2017 bis 2019 waren für mich eine Zeit, in der ich als Läuferin besonders schnell und ambitioniert war. Mein schnellster Frauenfelder war eine Zeit von 1:21:13 – eine Leistung, die ich heute kaum noch glauben kann. Doch alles, was ich damals wusste und umsetzte, basierte auf den Erkenntnissen aus meiner Abschlussarbeit und meiner kontinuierlichen Weiterentwicklung als Läuferin.
Dann kam 2020 – ein Jahr, das für mich sowohl sportlich als auch persönlich sehr herausfordernd war. Nach meinem schnellsten Halbmarathon erlebte ich eine schwere Zeit. Die Corona-Pandemie brachte viele Veränderungen mit sich, doch noch viel einschneidender war eine persönliche Krise, die ich durchlebte. Ich hatte gesundheitliche Probleme, die mich zutiefst beunruhigten – meine Periode blieb aus, und ich litt unter einer hypothalamischen Amenorrhoe. Ich war gezwungen, mich intensiv mit meiner Gesundheit als Frau auseinanderzusetzen, was aber meine neue Leidenschaft für das Thema Frauengesundheit und den weiblichen Körper erweckte.
In dieser Zeit musste ich vieles hinterfragen: Warum hatte mein Körper plötzlich so stark reagiert? Was war schiefgelaufen? Ich hatte gelernt, auf die Signale meines Körpers zu hören, und musste meinen Lebensstil anpassen, um mich zu heilen. Ich trat als Läuferin etwas zurück, um mich vollständig auf meine körperliche und mentale Gesundheit zu konzentrieren. Es war eine transformative Phase, die mich herausforderte, aber mir auch viele wertvolle Erkenntnisse brachte.
Und dann kam ein weiterer großer Schritt: Ich wurde Mutter. Diese Veränderung war eine der größten in meinem Leben. Die Rolle als Mutter brachte noch einmal eine neue Dimension der Transformation, sowohl körperlich als auch emotional. Der Spagat zwischen Familie, Alltag und den eigenen sportlichen Zielen war nicht immer einfach, aber der Sport half mir, wieder zu mir selbst zu finden. Er wurde zu einem Rückzugsort, an dem ich Kraft schöpfte und mich neu ausrichtete.
So stand ich also am letzten Sonntag wieder am Start des Frauenfelder Halbmarathons. Die Rahmenbedingungen waren diesmal anders: Eine neue Streckenführung, eine Erkältung in der Woche zuvor und mehrere unruhige Nächte ließen es nicht zu, dass ich meine ursprüngliche Zielzeit von unter 1:30 erreichte. Am Ende kam ich nach 1:35:02 Stunden ins Ziel – und obwohl das nicht die Zeit war, die ich mir erhofft hatte, war ich dennoch stolz auf meine Leistung. Natürlich hätte ich mir gewünscht, die alten Bestzeiten zu wiederholen, aber ich musste mir auch eingestehen, dass ich mich nicht ständig mit meinem früheren Ich vergleichen kann.
Wichtig war für mich, gesund ins Ziel zu kommen – und das habe ich geschafft. Mit dieser Zeit belegte ich in meiner Alterskategorie immerhin noch den 9. Platz - (Womit andere mehr als zufrieden wären;-)). Das zeigt mir, dass es nicht immer um Bestzeiten geht, sondern darum, auf den eigenen Körper zu hören und die Erfolge des gegenwärtigen Ichs anzuerkennen.
Der Tag hatte noch eine besondere Bedeutung für mich: 16 Jahre nach meinem ersten Lauf konnte ich auch meinen Schritt in die Selbstständigkeit feiern. Ich habe nun den Weg eingeschlagen, mein Wissen und meine Erfahrungen als Laufcoach weiterzugeben. Bei einer Pizza mit meiner Familie konnte ich diesen neuen Abschnitt meines Lebens feiern – und gleichzeitig auf die Reise zurückblicken, die mich von der Laufanfängerin bis zur selbstständigen Lauftrainerin geführt hat.
Es ist erstaunlich, wie sich das Leben verändert. Von einer jungen Frau, die zum ersten Mal einen Halbmarathon lief, über eine ambitionierte Läuferin und eine Mutter, die den Spagat zwischen Familie und Sport schaffte, bis hin zu einer Lauftrainerin, die nun ihre eigenes Business aufbaut. Ich bin gespannt, was die nächsten Jahre bringen, sowohl als Läuferin als auch als Coach.
Eines weiß ich jedoch sicher: Es ist nie zu spät, neue Wege zu gehen.
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